Übrigens, wer sind WIR eigentlich?

Es geht mir bei dieser Reise entlang der E75 darum, uns als Gesellschaft zu reflektieren, weil es mir überhaupt in meiner Arbeit wichtig ist, uns als Gesellschaft zu reflektieren. Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte, daher bin ich Fotograf geworden. Was aber will ich mit meiner Fotografie? Diese Frage stellt sich jedem, der einen Auslöser drückt, sobald er das erste Mal seine Bilder einer Öffentlichkeit präsentiert. Auch der Auslöser der Smartphonekamera stellt diese Frage. Facebook ist Öffentlichkeit, selbst die Pinnwand in der Küche oder Büro sind Öffentlichkeit.

Man muss die Frage, was man mit seiner Fotografie will, nicht explizit beantworten. Doch implizit hat man sie mit dem Bild auf der Pinnwand, mit dem ersten Posting im Netz oder mit der ersten Ausstellung beantwortet. Möchte ich zeigen, dass ich meine Kamera beherrsche, ein toller Fotograf bin? Möchte ich zeigen, was ich ständig Tolles erlebe, zeige ich…

Die Liste der Ansätze ist unendlich lang, die persönliche Antwort eine Überlagerung dieser Möglichkeiten. Auch ich gab die Antwort implizit durch meine ersten Publikationen, um mir erst langsam darüber bewusst zu werden, wo mein Ansatz liegt. Klar wurde mir, ich verfüge über eine sehr gute Beobachtungsgabe, will uns als Gesellschaft beobachten und diese Beobachtungen mit Euch teilen.

Aus der Serie WIR-Dramaturgie des sozialen Lebens

Aus der Serie WIR – Dramaturgie des sozialen Lebens

Was machen die Leute auf diesem Bild? Die Szene ist nicht gestellt. So eigenartig sie anmutet, so vertraut ist sie. Sie zeigt etwas von uns. Sie zeigt auch einen Raum, den wir geschaffen haben. Die ganze Räumlichkeit des Bildes ist, abgesehen vom Himmel, menschgemacht: Der Pier, die platzierten Bänke, der Leuchtturm darauf. Ein Leuchtturm steht immer für Orientierung, ermöglicht uns die Meere zu kreuzen ohne auf Felsen zu laufen. Dafür scheuten wir die Mühe nicht, ein System zu entwerfen, tausend und abertausende dieser Türme zu bauen und am Laufen zu halten. Das ist eine Aussage über uns, das ist eine Aussage über das, was uns wichtig ist, wohin unsere Kraft und Energie geht. Der Leuchtturm ist eine Manifestation einer gesellschaftlichen Entscheidung, einer Entscheidung von uns. Der Pier ist eine ebensolche Entscheidung, so wie die Bänke, wie die ganze Situation. Das alles und mehr findet in diesem Bild statt. Mir ist nicht alles zum Zeitpunkt der Aufnahme bewusst, aber ich spüre: ‚da sind WIR‘ – und löse aus. Eine Szene voll Eigenart und Selbstverständlichkeit – das sind WIR.

Bei dieser Reise entlang der E75 geht es mir erneut darum uns als Gesellschaft zu reflektieren. In vielen Aspekten. Daher schreibe ich im Blog auch über Beobachtungen, welche diesen reflexiven Gedanken aufnehmen. Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte. Doch Worte können etwas beschreiben was Bilder nicht zu erfassen vermögen. So ergänzen sich Text und Bild. Auch daher der Blog.

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