Goethe nahm die E45

“Früh drei Uhr stahl ich mich aus Karlsbad, weil man mich sonst nicht fortgelassen hätte.” So beginnt Goethes Italienische Reise. Er hat sich in weiterer Folge für die E45 über den Brenner entschieden. So kam er nach Arkadien.

Doch seine Kutsche legte sich nicht so ins Zeug und so dauerte es einige Tage mehr als bei meiner Fahrt. Sein Ziel war Rom, dann Sizilien, bei mir Ancona, dann Kreta – Startpunkt der E75. Das ist der eigentliche Startpunkt meiner Erkundung, was eine Europastrasse genau ist.

Auch bei mir ist es schwierig, mich zuhause loszueisen. Es würde mich interessieren, wie lange Goethes Reisevorbereitungen gedauert haben? Sein Text suggeriert, dass er sich nachts um 3 von seiner eigenen Geburtstagsfeier davongestohlen hat, die Kutsche bestieg und fort war er. Doch so einfach sind die Dinge nicht.

Goethe war bekanntermaßen kein guter Fotograf, trotzdem hatte er Dinge einzupacken. Jedenfalls hat es bei mir Wochen gedauert, bis alles bereit war. Nun geht es los, zunächst entlang der E45 zur E75.

PS: In Bozen war ich im Batzenhäusl, wie Goethe auch. Als Huldigung.

Sommer- oder Winterreifen?

Es ist die Phase der pragmatischen Fragen: Sommer- oder Winterreifen? Was für Küchenausrüstung nehme ich mit, lieber Bücher oder einen eReader, brauche ich eher Mücken- oder Frostschutzmittel oder etwa beides?

Des Pudels Kern ist also: Was erwartet mich eigentlich auf dieser Fahrt auf der E75? Bei genauerer Betrachtung hat dieser Pudel allerdings mehrere Kerne.

Zum einen führt (mich) die E75 durch neun verschiedene Länder, an drei verschiedene Meere, verbindet zwei sehr unterschiedliche Inseln, wie viele Sprachen gesprochen werden, kann ich nicht zählen. Die kulturelle Vielfalt, gegen die wir derzeit so kämpfen, ist enorm – Europa eben. Was mich da erwartet, wird eine Herausforderung. Doch die nun wichtigen Fragen sind: was für Schuhe nehme ich mit und: Sommer- oder Winterreifen?

Füsse_hWas erwartet mich eigentlich? Erneut gefragt. Was auch immer es ist, es bedarf einiger Ausrüstung. Alleine um diesen Blog zu führen, werde ich 10 verschiedene Kabel benötigen, 9 verschiedene SIM Karten, zwei verschiedene Sprachen. Kommt die Frage nach den Mückenmitteln dazu, oder besser doch Frostschutzmittel? Bezüglich lesen habe ich mich schon entschieden: doch keinen eReader, doch wieder klassisches Buch, ein bisschen Gemütlichkeit muss sein. Hoffentlich erleide ich mitten in Finnland keinen Engpass. Finnische Buchhandlungen sind meine Sache nicht.

Was erwartet mich künstlerisch, wie arbeite ich das alles auf? Über diesen Punkt schreibe ich im Vorhinein nicht, weil ich auch nicht darüber nachdenke. Das würde mir die Offenheit nehmen, die Offenheit die ich unbedingt brauche, sonst macht die Fahrt keinen Sinn. Ich lasse die E75 auf mich zukommen, sie wird mir die Dinge schon anvertrauen. Also ist mein Kopf frei. Frei für Campinggeschirr und Stirnlampen.

Strassen als Orte des Verweilens

Letzten Freitag war ich Reiseführer kaufen. Zuhause angekommen, schmökere ich. Tolle Dinge gibt es da. Nun tauchen die Fragen auf: Wie viel Zeit nehme ich mir wo? Was will ich eigentlich sehen? Wenn ich mir all die Dinge ansehe, die mich entlang der Europastrasse interessieren, so brauche ich zumindest ein Jahr! Eine Gedankenkette entspinnt sich.

Dann stellt sich wieder Klarheit ein: Ich will die Strasse sehen, beobachten, unsere Spuren lesen. Das finde ich sehenswürdig! Das führt mich weiter zum Wesen einer Strasse selbst. Strasse bedeutet Bewegung. Eine Strasse ist nicht zum Verweilen gebaut, so glaube ich nun.

So richte ich mich auch danach und werde in den nächsten Monaten im Fluss sein. Die Reiseführer haben schlechte Karten, sie führen am eigentlich Spannenden vorbei.

Wichtige Frage

Ich bin auf eine spannende Frage gestossen:
Was ist eine Europastrasse?

Strassenschild

Die Meisten von uns kennen sie (grünes Strassenschild, weisse Schrift), die Wenigsten wissen, was das wirklich ist. Zu dieser Mehrheit der Wenigen zähle auch ich: Was ist eine Europastrasse?

Das möchte ich nun klären. Daher habe ich mich entschlossen eine Europastrasse von Anfang bis zum Ende abzureisen. Knapp 5.000 Kilometer sind das.

Jedenfalls sind es Strassen, die wir gemacht haben, soviel steht fest. WIR als Gesellschaft haben sie gemacht. Daraus ergibt sich natürlich die Frage, wer sind WIR? Die Antworten dazu liegen auf der Strasse! Anfang April geht es los!

Musik und Drama

crowdDie Anton Bruckner Universität Linz für Musik, Tanz und Drama hat letzte Woche ihr neues Gebäude eröffnet.
Es wurde auf die grüne Wiese gebaut. Doch als die Baugrube ausgehoben wurde, ist plötzlich das Schloss Hagen wieder aufgetaucht. Das ist jenes Schloss, welches bis 1963 hier stand. Das war ein bemerkenswerter Augenblick: Auf einmal konnte man die Vergangenheit und die Zukunft gleichzeitig sehen.

Das hat mich dazu inspiriert, eine Arbeit zu fotografieren, die nun den Titel Schloss Hagen Alte Ansicht trägt. Es zeigt genau diesen Brückenschlag. Sie ist im 1. Stock der Universität als permanente Installation zu finden.

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Installationsansicht by Christian Hofstadler, 2015